Video statt Text? Eine kritische Betrachtung

Wir verzichten auf einen Bericht. Ein Video spricht die jungen Bauleiter eher an.“

Seit Videos den Markt erobern und Bilder sowieso mehr als 1000 Worte sagen (und damit alles anderes als eindeutig sind), verstehen manche Unternehmens- und Marketingverantwortliche dies als Aufforderung, zukünftig, auf Text zu verzichten. Das ist zu kurz gedacht.

Mich erinnert diese Schlussfolgerung an die einstige Auffassung, Internet würde Print komplett ersetzen. Dabei gab es lediglich einige Verschiebungen hin zur digitalen Kommunikation. Weil es einfacher, günstiger und besser mit Klick- und Leserzahlen nachweisbar ist.

Sogar Facebook setzt auf das gedruckte Wort

Inzwischen geht die Entwicklung wieder zum Print. Die Wertigkeit von Print im Zeitalter der schnellen Schlagzeilen und Fakemeldungen ist enorm gestiegen. Print ist glaubwürdiger, sagen 85 Prozent der kalifornischen Studenten (Silicon Valley!), die laut Gehirnforscher Manfred Spitzer lieber aus dem Buch als vom Bildschirm lesen. Sogar der Social-Media-Gigant facebook geht aktuell in England mit einem eigenen, gedruckten Kundenmagazin namens „Grow by Facebook“ an den Start (siehe Meldung). Scheint doch was dran zu sein, am gedruckten Textwerk.

Der Beratungsansatz: Bericht plus Video

Ein Beispiel: Eine Firma, die an Privatleute und Handwerksunternehmen damit startete, kleinere Baumaschinen zu vermieten, hat sich in den letzten fünf Jahren zu einem angesehenen Händler und Vermieter entwickelt. Der Mietpark der Firma ist enorm gewachsen, auch in Hinblick auf die Größe der Baumaschinen. Dieser Erfolg ist auch auf die  passende Kommunikations- und Werbe- und Vertriebstrategie zurückzuführen, mit der das Unternemen eine Marke, eine Identitiä aufgebaut hat. Die auf diese Weise aufmerksam gemachten Interessenten wurden durch Service, Beratung und gute Maschinen überzeugt.

Hätte diese Darstellung der Unternehmens-Entwicklung ein kurzes Video zeigen können?

Weiter gehts: Die Firma bekommt jetzt eine neue, besonders leistungsstarke Maschine geliefert. Über dieses Ereignis, den Antransport und den Aufbau der Maschine soll berichtet werden. Warum? Um darzustellen, in welcher Größenordnung der Fuhrpark gewachsen ist, und, dass man nun über Maschinen verfügt, die sich auch für   Großbaustellen eignen.

Ein geschriebener Bericht würde diese Botschaft deutlich auf den Punkt bringen (siehe Darstellung oben). Das Ganze mit einem Video dokumentiert, das den Aufbau der Maschine zeigt – perfekt. So wird beides rübergebracht: Die Botschaft und die dazugehörige Emotion. Der Bericht könnte zudem über verschiedene Kanäle verbreitet werden und auf das Video (im eigenen Youtube-Kanal) verlinken.

Ein Video, um Kosten für Text zu sparen?

Das Unternehmen entscheidet anders. „Wir  sparen uns den Bericht. Wir machen nur ein Video.“ Und warum? „Die jungen Bauleiter lesen keine Texte.“

„Ja, aber …“  Grundsätzlich ist ein Video eine gute Idee. Wenn ein Video aussagekräftig sein soll, braucht es ebenfalls ein Konzept, eine klare Botschaft und die passenden Worte. Wer meint, dabei Kosten zu reduzieren, spart an der falschen Stelle.

Eine Beobachtung insbesondere im B-to-B-Geschäft: Wer wenig Zeit hat, liest mitunter eher einen Text quer (wenn dieser zum Querlesen einlädt), als dass er sich während der Arbeitszeit ein 5-Minuten-Video anschaut. Oder er lässt sich vom Text einladen, zu einem späteren Zeitpunkt nochmal das Video aufzurufen. Wieder hat der Text eine wichtige Funktion.

Meiner Ansicht nach sollte das eine nicht das andere ersetzen. Das geschickte Zusammenspiel aller Kommunikationselemente halte ich für die ideale Lösung. Und die lässt sich auch für kleinere Budgets entsprechend gestalten, ohne dass es auf Kosten der Zielsetzung geht. Besser etwas mehr investieren und sein Kommunikationsziel erreichen, als weniger ausgeben und falsche Botschaften vermitteln.

Autorin: Daniela Wohlfromm
Foto: Lupo/Pixelio.de